Ein Artikel aus der "ZEITONLINE":

Die Wirklichkeit der Welle

Im Kern geht es dabei immer noch um jene Frage, die schon Bohr und Einstein umtrieb: Was können wir über die Realität wissen?

Bohr vertrat die Ansicht, dass man sich einzig und allein auf die quantentheoretischen Formeln verlassen könne und dass es unmöglich sei, das »wahre« Treiben atomarer Teilchen zu verstehen. 

Die Schwierigkeiten beginnen schon damit, dass jedes quantenphysikalische Objekt eine Doppelnatur aufweist: Es verhält sich mal wie ein materielles Kügelchen, mal wie eine ausgedehnte Welle. Das heißt auch, dass sich einem Quantenobjekt in der Regel weder ein eindeutiger Ort zuschreiben lässt (denn wo wäre der genaue Aufenthaltsort einer Welle?) noch eine genaue Geschwindigkeit. Das Einzige, was den Physikern bleibt, ist die Berechnung von »Aufenthaltswahrscheinlichkeiten« – und dazu dient eben die Wellenfunktion. Die statistischen Aussagen, die man mithilfe dieser Rechenvorschrift gewinnt, sind nach gängiger Lesart das Einzige, was man über ein Quantensystem wissen kann – jedenfalls so lange, bis man durch eine Messung eingreift. Dann »zwingt« man das gemessene Objekt gleichsam, sich an einem bestimmten Ort zu manifestieren – was allerdings nach Heisenberg prompt »unscharfe« Geschwindigkeiten zur Folge hat.

Dieses Hantieren mit Unschärfen und Wahrscheinlichkeiten war Albert Einstein zutiefst suspekt. Er pochte darauf, dass es eine tiefer liegende Realität gebe, aus der heraus sich das merkwürdige Verhalten der Quantenobjekte zwingend erklären lassen müsse – auch dann, wenn man nicht durch eine Messung eingreife. Und just nach dieser »tiefer liegenden« Realität suchen die Forscher heute wieder verstärkt.

Da kommt ihnen die Arbeit der drei britischen Physiker gerade recht, die behaupten, die Wellenfunktion spiegele nicht nur unser Wissen über ein System wider, sondern tatsächlich eine physikalische Realität (auch wenn derzeit niemand sagen kann, wie diese Realität aussehen könnte). Dies sei das wichtigste Ergebnis der Quantentheorie seit vierzig Jahren, lobte der Theoretiker Antony Valentini von der Clemson University in South Carolina. Andere dagegen kritisieren, die drei Jungspunde hätte ihre mathematische Jongliererei einfach falsch interpretiert – an der Quantentheorie müsse keineswegs gerüttelt werden.

Dabei ist das Erstaunlichste an dieser Debatte, dass sie überhaupt geführt wird. Das zeigt, wie unsicher sich die Physiker ihres theoretischen Fundaments in Wahrheit sind. Wer weiß, vielleicht hält die altbekannte Quantentheorie tatsächlich noch so manche Überraschung bereit?

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